Der Bertholdsaal und seine Geschichte
Kunst und Kultur am Dürnbach im Wandel der Zeit
Wann genau der Bertholdsaal errichtet wurde lässt sich aus den uns zugänglichen Quellen nicht genau erschließen. Es scheint jedoch gesichert, dass der ursprüngliche Bau vor der Wende des 19. auf das 20. Jahrhundert getätigt wurde. Darauf deuten chronistische Einträge hin, so findet sich auf Seite 11 der Chronik von Josef Ganslmayr zum Bertholdsaal im Jahr 1937 Folgendes:
„Der 1928 wegen Einsturzgefahr behördlich gesperrte Theatersaal der Kinderbewahranstalt wurde beinahe von Grund aus umgestaltet. Zwar führten Mitglieder des katholischen Arbeitsbundes viele Arbeiten kostenlos durch, aber dennoch verschlang der Bau von 1933-1936 große Mittel, zu denen Dechant Schindlberger aus eigenem 16.000. – Sch. beitrug.“
Dieser Eintrag zeigt, dass der Bertholdsaal von Anbeginn eine kulturelle Nutzung hatte und schon damals beträchtliche Investitionen getätigt wurden.
Der „St. Bertholdbau“ diente nicht bloß für Theateraufführungen, sondern auch für Versammlungen, Lichtbildvorträge, Ausstellungen und zur Abhaltung von Exerzitien. Von 1936-1938 war auch die Volksbücherei in diesem Gebäude untergebracht. Während des 2. Weltkrieges fanden im Bertholdsaal Luftschutzkurse, Vorträge und Konzerte statt.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Gebäude in “Pfarrheim Sankt Berthold” umbenannt und wieder mit kulturellen Veranstaltungen verschiedener Natur, vor allem Theateraufführungen und Vorträge, bespielt.
Während der 1970er bis Anfang der 1990er Jahre wurde das Gebäude von einer Tischlerei als Werkstatt verwendet. Der Bertholdsaal verlor dennoch nicht an gesellschaftlicher Bedeutung. Die Kellerräume wurden als Gruppenräume der katholischen Jungschar und Jugend, danach als Proberaum der lokalen Kultband „Yukon“ genutzt.
Nach Schließung des Tischlereibetriebes und Brachliegen eines Großteils des Gebäudes war die Nutzung der Proberäume eine Art Initialzündung einer gesellschaftlich übergreifenden, größeren Aktivität im Jahr 1997. Die Idee der Bespielung des Bertholdsaals als unabhängiger Kulturraum wurde geboren.
Die wesentlichen Stakeholder dieser Initiative waren:
- Kulturverein Frikulum
Der 1986 gegründete Verein „Frikulum – Initiative für Frieden, Kultur und Umwelt“ war schon seit Längerem auf der Suche nach einem permanenten Veranstaltungsort für Kultur der freien Szene – Konzerte, Lesungen, Theater, Performance, Workshops. Nach Wanderschaft durch verschiedene Locations im Ennstal bot sich der Bertholdsaal als Homebase an. - Katholische Jugend Weyer
Die Katholische Jugend der Pfarre war ebenfalls auf der Suche nach einem Veranstaltungsraum und kommunikativen Treffpunkt. - Nutzer_innen der Proberäume
Für die lokalen Bands „Dr. Rock“ und „Funky Monks“ war die weitere Nutzung und Ausbau der Möglichkeit an Proberäumen für sie selbst und weitere lokale Bands wichtig.
Nach positiven Gesprächen mit der Pfarre, vor allem mit Pfarrer Karl Lindner und Pastoralassistent Mag. Konrad Rumetshofer, wurde ein Konzept ausgearbeitet und am 8. September 1997 der “Trägerverein Bertholdsaal” gegründet.
Das Ziel den Bertholdsaal als unabhängiges, offenes und tolerantes Haus zu etablieren und zu führen, ergibt sich eindeutig aus den Vereinsstatuten:
- 2 Zweck: “Zweck des Trägervereins Bertholdsaal ist die Verwaltung, Erhaltung und Nutzung des Veranstaltungsraumes Bertholdsaal sowie die Förderung von Kommunikation und schöpferischen Initiativen auf dem Gebiet der Jugend- und Kulturarbeit. Weiters ist es Aufgabe des Vereins, die Termine der Veranstaltungen zwischen den einzelnen NutzerInnen zu koordinieren und zu vergeben. Der Trägerverein nimmt keinen Einfluß auf die NutzerInnen, die weiterhin autonom sind, sowohl inhaltlich, als auch personell und finanziell, wiewohl er sich ein prinzipielles Vetorecht gegenüber dem Vereinszweck widerstrebende Veranstaltungen vorbehält. Der Verein ist überparteilich, konfessionell ungebunden, gemeinnützig und nicht auf Gewinn ausgerichtet. Allfällige Überschüsse müssen zur Erreichung des Vereinszwecks genützt werden.”
Die damals notwendigen Adaptierungen als Veranstaltungssaal wurden größtenteils in Eigenregie durchgeführt. Dies war natürlich nicht ohne Förderungen durch die öffentliche Hand möglich. Hier sind vor allem die Direktion Kultur und die Direktion Bildung und Gesellschaft, Abteilung Jugend, des Landes Oberösterreich, sowie die Marktgemeinde Weyer zu nennen. Durch Förderungen konnte sowohl in das Gebäude (Anschluss Heizung, Barbereich, Elektroinstallationen, Innenausbau), als auch in die Veranstaltungstechnik (Ton und Licht) investiert werden.
In der Anfangsphase konnte auch durch Benefizkonzerte Kapital für notwendige Adaptierungen generiert werden.
Der laufende Betrieb wurde dennoch über 20 Jahre ausschließlich aus den Einnahmen durch Vermietung bestritten.